„Es ist kaum möglich geeignete Mitarbeiter zu finden“, klagt der Eigentümer (49) einer Hausverwaltung. „Es ist wie verhext!“ Viele Unternehmen haben Nachwuchssorgen. Dabei entstehen ganz andere Herausforderungen für die Führung von Unternehmen. Christoph (46) beispielsweise hat einen mittleren Handwerksbetrieb und zweifelt langsam an sich und an der Attraktivität seines Unternehmens. Aber auch die Industrie hat zunehmend Probleme mit dem Recruiting.

Petra Dirscherl / pixelio.de
Was ist nur los mit den Jungen?

Wa ist nur los mit den Jungen? Sind sie wirklich so freizeitorientiert, wie man das immer wieder lesen und hören kann?

Offensichtlich ist, dass klassische Anwerbe-Argumente immer weniger funktionieren, wie hohes Gehalt oder eine tolle Marktposition des Unternehmens. Dennoch werden Stellen immer noch mit diesem Fokus ausgeschrieben.

Wer hier etwas ändern und verbessern will, der muss zu allererst verstehen, wo das Problem liegt.

Lange Zeit lebte auch ich in der Vorstellung, dass die Kinder und die Enkel der Aufbauzeit sehr saturiert und satt aufgewachsen seien. Nichts hätte ihnen gefehlt. Fernseher gab es schon in Kinderzimmern, später eigene PCs und Handies. Und Mutter kümmerte sich um alles. Der Wunsch irgendetwas zu erreichen, so glaubte ich, konnte da gar nicht erst aufkommen.

Sie stellen eine Frage

Ein Gespräch mit einem jungen Ehepaar von Anwälten (er 30, sie 29) belehrte mich eines Besseren. Nach anfänglichem Smalltalk gelangten wir zu den Nachwuchssorgen in vielen Unternehmen. Ich trug ihnen meine Vorstellung vor, aber der junge Mann korrigierte mich.

Das stimme nicht ganz, meinte er. „Richtig ist, dass wir aus den jüngeren Generationen alles gehabt haben. Aber das war nur materiell. Was uns gefehlt hat waren unsere Eltern!“ In der 50+Generation hätten alle gearbeitet. Beide Elternteile seien abends gestresst und oft auch aus Berufsgründen besorgt nach Hause gekommen. „Die Wahrheit ist, dass unsere Eltern nicht da waren, als wir sie gebraucht haben.“

Mitten im materiellen Überfluss, so meinte er, habe es ein emotionales Defizit gegeben, in dem die ganze Generation aufgewachsen ist. Aus der Kinder- und Jugendpsychologie weiß man, dass Kinder ihre Eltern unterstützen. So gut sie eben können. Oft auch indem sie ihre eigenen Bedürfnisse und Sorgen verschweigen.

So wuchsen Generationen heran, die diesem Leben den Rücken kehren. „Wir haben es selbst erlebt und gesehen, wie schlecht es unseren Eltern ging. So wollen wir einfach nicht leben! Und wir wollen unseren Kindern diese emotionale Leere ersparen!“

 

Es geht also nicht um Luxus, sondern um Widerstand gegen die emotionale Leere!

Viele darauffolgende Gespräche mit jungen Leuten bestätigten diese Meinung. Sie wird auch von Vertretern von Jugendorganisationen geteilt.

Eigentlich stellen die jungen Leute den Unternehmen also eine klare Frage, die freilich nie so formuliert wird: Was trägt dieses Unternehmen dazu bei, dass mein leben gelingen kann?

Raum für das Leben

Es wäre ein grobes Missverständnis, darin Hedonismus und Freizeitorientierung. zu sehen. Die Frage, die gestellt wird, bezieht sich auf das ganze Leben: Wie kann mein Leben gelingen und was bist du als Unternehmen gewillt dazu beizutragen?

Vielleicht ist die junge Frau oder der junge Mann, der vor ihnen steht kein ausgebildeter Philosoph, der darüber fachsimpeln kann. Aber auch wenn Sie es selbst nicht so wahrnehmen, sie stellen Ihnen genau diese Frage.

Gute, engagierte Mitarbeiter, die bereit sind Eigenverantwortung zu übernehmen, wird in Zukunft nur das Unternehmen bekommen, das befriedigende Antworten auf diese Frage bieten kann. Das Unternehmen mit Zukunft, so die Schlussfolgerung, muss Raum für das Leben bieten.