Gemeinsam geteilte Regeln und Überzeugungen sind Grundelemente jeder Kultur. Aus der Innensicht ist es jedoch nicht einfach, solche Anschauungen zu erkennen. Denn was das Wasser für den Fisch, ist für den Menschen die Kultur: das Mediumin dem er sich bewegt.

 

Foto: Citron CC-BY-SA-3.0

 

Sich über die eigene Kultur klar zu werden, ist eine harte Nuss. Dennoch ist zumindest teilweise Klarheit nötig, um Verbesserungen zielgerichtet durchführen zu können. Klarheit über Grundlagen ist immer die Basis für Verbesserungen. Das ist bei der Arbeit an Kulturen nicht anders.

Warum ist es so schwierig, diese Klarheit herzustellen?

Ein chinesisches Sprichwort sagt, das man den Fisch nicht fragen soll, wenn man etwas über das Wasser wissen will. Denn der Fisch bewegt sich zwar im Wasser, das ihn umgibt. Aber er weiß nichts darüber. Zu selbstverständlich ist ihm sein Element. Bewusst wird ihm das erst, wenn er an der Angel hängt und aus dem Wasser herausgezogen wird. Erst das Fehlen seines Elementes macht es ihm bewusst.

Aus der Perspektive seiner Natur wäre es für ihn sogar schädlich, sich viele Gedanken über das Nass zu machen. Denn er muss sich nur darin bewegen und in ihm überleben.

Das Element, in dem man sich bewegt bleibt daher außerhalb des Fokus der Betrachtung.

Das gilt auch für menschliche Kulturen. Egal ob großräumige Zivilisationen, wie bei den alten Ägyptern (siehe „Was ist Kultur?“) oder kleinräumige Abteilungs- oder Teamkulturen: sie alle beinhalten gültige Regeln für ihre Mitglieder. Diese bilden das Element, in dem menschlicher Zusammenhalt stattfindet.

Die Kultur ist das selbst geschaffene Medium, in dem Menschen sich bewegen.

Ähnlich wie es für den Fisch schwierig wäre, etwas über das Wasser zu sagen, ist es für Menschen nicht einfach, sich Gewissheit über seine eigenen Glaubenssätze zu verschaffen. Von innen, aus dem Medium heraus, ist es kaum möglich, das zu erkennen. Klarheit über die Regeln zu erlangen, verlangt etwas Distanz und Reflexion. 

Weil jede Kultur anders tickt und andere Vorstellungen besitzt, liegt die Quelle vieler Missverständnisse und Widerstände in mangelnder Distanz zu den eigenen Überzeugungen: innen werden Ansichten und Meinungen geteilt – nach außen dienen sie der Abgrenzung von anderen Gruppen. Das wird aber nicht in dieser Form bewusst. Reflexartig stellen sich stets eigene Vorstellungen über die der anderen.

Nicht Intoleranz ist dafür der Grund, sondern die Tatsache, dass kulturell verankerte Überzeugungen und Regeln das Element bilden, in dem sich die Mitglieder dieser Kultur bewegen. Es ist wie beim Fisch.

Anders als der Fisch haben wir uns aber unser Element selbst geschaffen.
Wir können es deshalb auch selbst ändern!

Truite gold Citron CC BY SA